In seinem Text «Folge der Leiter!» (Daidalos, Teil 2: Shinohara, Tokio und die Verheissung menschlicher Schatten«) berichtet Tibor Joanelly von einem Gesprach Shinoharas mit einem Freund – der in die Innenräume der Wohnhäuser Shinoharas etwas hineindeutet, was er als «feeling of town» bezeichnet – und was er schliesslich mit «the city in the metaphysical sense […] becomes visible in [Shinohara’s] residences» ausdeutet.
Ohne diese kleine Arbeit mit einem Bau von Shinohara vergleichen zu wollen und ohne Shinohara überhaupt als konkrete Referenz verwendet zu haben, empfinden wir beim Durchschreiten des komplexen und vielfältigen Raumgefüges dieser Physiotherapiepraxis in der Innenstadt von Lenzburg ein Gefühl wie beim Gehen in einem städtischen Kontext: Das neu hinzugekommene schmiegt sich an das Alte, wird vom Bestand ge- und verformt und wirkt wieder zurück auf den Bestand.
Um das schon einmal erweiterter Haus wird eine weitere Raumschicht gelegt. Es entsteht ein zusammengefügtes, vielschichtiges Raumgebilde, in dem alte und neue Teile aufeinandertreffen und zusammenkommen und in dem Räume und Wege entstehen, die man in einem Neubau niemals so planen würde. Es entstehen Durchblicke, Engstellen, Kreuzungen, Kurven, dunkle Ecken und Sackgassen. Greifbar wird der Raum erst in der Bewegung, verständlich wird er erst beim mehrfachen Besuchen. Die Tiefe des Raumgefüges und die bewusst nicht helle Farbigkeit gibt der Dunkelheit, den Schatten, den Reflexionen und schliesslich auch dem hellen Tageslicht besonderes Gewicht.
Die Projektleitung hat Caroline Schillinger besorgt. Der Bau wurde in einem begrenzten Kostenrahmen und in enger Zusammenarbeit mit Schär Holzbau ausgeführt. Die Bilder von Hannes Heinzer sind nun auf der Projektseite abrufbar, Publikationspläne folgen demnächst.