Weiterbauen am Industriedenkmal

Als 1956 die Abwasserreinigungsanlage Jungholz in Uster eröffnet wurde, galt sie – übrigens auch über die Landesgrenzen hinaus – als vorbildlich. Wenn irgendwo in unserem Lande die Verschmutzung eines Wassers droht oder schon zur Tatsache geworden ist, wo See-, Fluss- und Bachufer der Verschlammung anheimzufallen drohen, muss man den interessierten Gemeinden im Hinblick auf die Kläranlage Uster zurufen: «Gehet hin und tuet also!» schrieb die Zeitschrift PLAN, die «Schweizerische Zeitschrift für Landes-, Regional- und Ortsplanung», die nicht nur offizielles Organ der «Schweizer Vereinigung für Gewässerschutz» sondern auch des «Internationalen Bundes der Landschaftsarchitekten IFLA» war – und damit von einem erstaunlich interdisziplinären Ansatz zeugte. Die Anlage wird ebenda als «technisch und ästhetisch wohlgelungen» bezeichnet, wobei der Text auf die Ästhetik der Architektur weniger eingeht als afu die Ästhetik der technischen Anlagen: Das so von grobem Gut und von Sand befreite Abwasser fliesst nun in ein — fast könnte man sagen — majestätisches, rundes Vorklärbecken. (Band 14, 1957)

Die Hochbauten aus den 1950er Jahren – zwei Faultürme und einige Diensträume – waren von besonderer, gestalterischer Sorgfalt (Ingenieure Paul Zigerli und Alfred Frischknecht) und lange Zeit prägend für die architektonische Erscheinung der Anlage, welche den Ortseingang von Uster markierte. Die Anlage wurde seither einige Male erweitert, wobei architektonisch immer recht sorgfältig vorgegangen wurde und die Backsteinarchitektur der 1950er Jahre in jeweils zeittypischer Form weitergeführt wurde. Der letzte grössere Eingriff war 2006 das gläserne, einstmal leuchtende Verwaltungsgebäude von Camenzind Gräfensteiner Architekten (heute: Evolution Design), das seine «nicht-technischen» Nutzung durch einen eigenen architektonischen Ausdruck zu betonen scheint, durch seine Lage aber die ehemalige Hauptfassade der ursprünglichen Hochbauten verdeckt.

Mit den neuen Faultürmen, einem weiteren Teil der technischen Anlagen, führen wir die Sprache der industriellen Backsteinbauten weiter. Schliesslich übernehmen die neuen Bauten mit der Schlammfaulung exakt die Aufgabe der beiden historischen Türme – angepasst auf die heute anfallenden Mengen als Klärschlamm. Die beiden historischen Türme werden erhalten und ressourcenschonend zu Gasspeicher umgenutzt. Mit den neuen Faultürmen dürfte der Bedarf der Stadt Uster auf Jahre hinaus gedeckt sein und mit der nun längeren Verweildauer des Klärschlamms in den grösseren Volumen kann zudem die Energieausbeute der Faulung deutlich erhöht werden.

Die ARA Jungholz prägt weiterhin den Ustermer Ortseingang, wenn man vom Greifensee her nach Uster kommt. Die beiden neuen Faultürme mit Ihrer Hohe von rund 18m und der freistehende LIftturm sind ihre neuen Wahrzeichen – wir freuen uns darüber, dass in diesen Tagen das Gerüst abgebaut wird und die Türme zum Vorschein kommen. In einer  zweiten Etappe wird nun ein neuer Zwischenbau mit einer Photovoltaikfassade zwischen den alten und den neuen Faultürmen erstellt.

(Demnächst mehr zum Projekt)