Projekte

Eigentlich sollte man alles, was man gebaut hat, nach einigen Jahren daraufhin überprüfen, wie es funktioniert und was vielleicht auch nicht – und daraus lernen. Besonders gilt dies für Bauten, bei denen kleinere oder grössere Experimente gemacht wurden. Elemente des gemeinschaftlichen Wohnens sind im ländlichen Raum nicht sehr verbreitet und so waren wir zwei Jahren nach der Eröffnung noch einmal mit dem Fotografen Hannes Heinzer am Lindenhof zu Gast – und sehr erfreut darüber, wie die Aneignung und Benutzung des gemeinschaftlichen Aussenraums funktioniert. Der auch für Aussenstehende unterschwellig zugängliche Hof wird von vielen Kindern frequentiert, der Brunnen dient als Planschbecken, die Erwachsenen sitzen unter dem gemeinsamen Vordach, kennen sich alle, plaudern beim Heimkommen, haben Apéro und pflegen die Pflanzen.

Und ein Hinweis: Wir waren zwar angekündigt, doch nichts an der Szenerie wurde gestellt oder inszeniert. Wir danken den Bewohnenden, für die Erlaubnis zu Fotografieren und für das gemeinsame Bier. Mehr Bilder auf der Projektseite.

Als 1956 die Abwasserreinigungsanlage Jungholz in Uster eröffnet wurde, galt sie – übrigens auch über die Landesgrenzen hinaus – als vorbildlich. Wenn irgendwo in unserem Lande die Verschmutzung eines Wassers droht oder schon zur Tatsache geworden ist, wo See-, Fluss- und Bachufer der Verschlammung anheimzufallen drohen, muss man den interessierten Gemeinden im Hinblick auf die Kläranlage Uster zurufen: «Gehet hin und tuet also!» schrieb die Zeitschrift PLAN, die «Schweizerische Zeitschrift für Landes-, Regional- und Ortsplanung», die nicht nur offizielles Organ der «Schweizer Vereinigung für Gewässerschutz» sondern auch des «Internationalen Bundes der Landschaftsarchitekten IFLA» war – und damit von einem erstaunlich interdisziplinären Ansatz zeugte. Die Anlage wird ebenda als «technisch und ästhetisch wohlgelungen» bezeichnet, wobei der Text auf die Ästhetik der Architektur weniger eingeht als afu die Ästhetik der technischen Anlagen: Das so von grobem Gut und von Sand befreite Abwasser fliesst nun in ein — fast könnte man sagen — majestätisches, rundes Vorklärbecken. (Band 14, 1957)

Die Hochbauten aus den 1950er Jahren – zwei Faultürme und einige Diensträume – waren von besonderer, gestalterischer Sorgfalt (Ingenieure Paul Zigerli und Alfred Frischknecht) und lange Zeit prägend für die architektonische Erscheinung der Anlage, welche den Ortseingang von Uster markierte. Die Anlage wurde seither einige Male erweitert, wobei architektonisch immer recht sorgfältig vorgegangen wurde und die Backsteinarchitektur der 1950er Jahre in jeweils zeittypischer Form weitergeführt wurde. Der letzte grössere Eingriff war 2006 das gläserne, einstmal leuchtende Verwaltungsgebäude von Camenzind Gräfensteiner Architekten (heute: Evolution Design), das seine «nicht-technischen» Nutzung durch einen eigenen architektonischen Ausdruck zu betonen scheint, durch seine Lage aber die ehemalige Hauptfassade der ursprünglichen Hochbauten verdeckt.

Mit den neuen Faultürmen, einem weiteren Teil der technischen Anlagen, führen wir die Sprache der industriellen Backsteinbauten weiter. Schliesslich übernehmen die neuen Bauten mit der Schlammfaulung exakt die Aufgabe der beiden historischen Türme – angepasst auf die heute anfallenden Mengen als Klärschlamm. Die beiden historischen Türme werden erhalten und ressourcenschonend zu Gasspeicher umgenutzt. Mit den neuen Faultürmen dürfte der Bedarf der Stadt Uster auf Jahre hinaus gedeckt sein und mit der nun längeren Verweildauer des Klärschlamms in den grösseren Volumen kann zudem die Energieausbeute der Faulung deutlich erhöht werden.

Die ARA Jungholz prägt weiterhin den Ustermer Ortseingang, wenn man vom Greifensee her nach Uster kommt. Die beiden neuen Faultürme mit Ihrer Hohe von rund 18m und der freistehende LIftturm sind ihre neuen Wahrzeichen – wir freuen uns darüber, dass in diesen Tagen das Gerüst abgebaut wird und die Türme zum Vorschein kommen. In einer  zweiten Etappe wird nun ein neuer Zwischenbau mit einer Photovoltaikfassade zwischen den alten und den neuen Faultürmen erstellt.

(Demnächst mehr zum Projekt)

 

Wir freuen uns sehr, dass sich die Jury beim Studienauftrag zur ortsbaulichen Entwicklung Schloss Roggwil für unseren Projektvorschlag entschieden hat, den wir zusammen mit Regula Hodel entwickelt haben.

Der Studienauftrag umfasste eine Studie zum Richtprojekt auf dem weiteren Areal im Bereich des Schlosses und der Umnutzung einer bestehenden Scheune – mit der Erweiterung und betrieblichen Optimierung des Schlosse aber auch ein kleinmassstäblichere Aufgabe. Das Schloss soll mit zwei Künstler:innenateilers, zwei Wohnungen sowie einem festlichen Gartensaal ergänzt werden. Letztere dient vor allem für Hochzeiten, kann aber eine grosse Zahl von Nutzungen aufnehmen. Indem wir die Nutzungen in zwei Bauten aufteilen – also in ein Wohnatelierhaus und eine Hochzeitsscheune – schaffen wir uns die ortsbaulichen Möglichkeiten, um einen neuen Aussenraum zu definieren. Dieser dient als Vorfahrt bei Hochzeiten, für Märkte und allerlei Anlässe – im Alltag aber auch als Parkplatz.

Im Bereich des Wohnens bemühen wir uns, Bautypen zu entwickeln, die als Alternative zum Einfamilienhaus verstanden werden können und die Elemente gemeinschaftlichen Wohnens enthalten, aber dennoch jegliche Wohn- und Lebensform zulässt. Die Bauten werden zu einem autofreien Ensemble arrangiert, das eng mit dem Dorf und seiner Struktur verwoben ist.

Jelmini ist eine alte Apfelsorte. Sie bildet «sehr schöne Früchte in Tafelqualität» kann aber auch zum Vermosten und für Cidre genutzt werden. (Vgl. dazu «Hochstammobst – Robuste Obsorten«)

(Nachtrag 20.11.2023 – Nachdem unsere mehrere Hinweise erreicht haben, dass unser unten «abgeschnittenes» Tragwerk im Bereich der grossen Fenster der Hochzeitscheune nicht funktionieren würde bzw. nur mit grossem Aufwand, indem die Dachflächen als tragende, verleimte Platten ausgebildeten würden, haben wir unsere Überlegungen zu dieser Dachkonstruktion noch als Axonometrie, als Perspektive und als Systemschnitt aus den Wettbewerbsplänen entnommen und in die Bildergalerie integriert. Das Tragwerk ist sogar so ausgelegt, dass es weitgehend ohne verleimte Balken auskommt und auf einfachste Art zu konstruieren – und später wieder rückzubauen – ist.)

Vorträge und Werkberichte veranlassen uns, dem hektischen Alltagsgeschäfts zum Trotz, hin und wieder etwas grundsätzlicher über unsere Arbeit und Arbeiten nachzudenken – über jene, die man abgeschlossen hat und jene, an denen wir gerade arbeiten und vielleicht auch über jene, an denen man in Zukunft arbeiten möchte. Professionell aufgezeichnet und schön geschnitten wurde der Werkbericht «Architektur ohne Handschrift» im Rahmen der Designwerkschau 23 in München – er ist hier oder in voller Auflösung auf Youtube nachzuschauen. (Lediglich die Büroschrift aus unserem Vortrag ging bei der Youtube-Fassung verloren.)

Die nächsten Vorträge sind: